BMNT-Generalsekretär Josef Plank eröffnet die Auftaktveranstaltung der Plattform Kreislaufwirtschaft Österreich. © RepaNet

Dass nur 9,1 % der Weltwirtschaft zirkulär sind, ist die ernüchternde Erkenntnis des Circularity Gap Reports, der Ende Jänner beim World Economic Forum in Davos präsentiert wurde. Österreich bekennt sich im neuen Regierungsprogramm zur Kreislaufwirtschaft. Aber was bedeutet das konkret?

Damit die Kreislaufwirtschaft kein Lippenbekenntnis bleibt, braucht Österreich eine umfassende Umgestaltung und Modernisierung seiner Wirtschaft. Was sich so leicht sagt, ist aber in der Realität eine tiefgreifende Veränderung nicht nur im Handeln, sondern auch und zuerst in der Haltung und im Denken.

Kreislaufwirtschaft, Re-Use und Sozialwirtschaft

Für uns von RepaNet war die Kreislaufwirtschaft schon unser Vereinsziel, als der Begriff in Österreich noch weitgehend unbekannt war. Auf EU-Ebene haben wir uns schon vor über zehn Jahren gemeinsam mit unserem europäischen Dachverband RREUSE für Kreislaufwirtschaft, für intelligente und vor allem längere Ressourcen- und Produktnutzung eingesetzt – und vor allem für die Schaffung von neuen, innovativen Arbeitsplätzen in der Sozialwirtschaft in diesem Bereich.

Heute schaffen die 27 Mitglieder von RepaNet 1.800 Kreislaufwirtschaftsarbeitsplätze, über 1.000 davon für Menschen mit Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt. An 140 Standorten bewegen sie jährlich 22.500 Tonnen Abfälle, davon allein 12.000 Tonnen Altkleider. In 100 Re-Use Shops werden 4.500 Tonnen Re-Use-Produkte an ca. 1,5 Millionen KundInnen verkauft und damit CO2-Äquivalente im Gegenwert von über 6.700 PKWs eingespart.

In Belgien und den Niederlanden wird eine um ein Vielfaches höhere Menge an Re-Use-Produkten, gemessen am Prozentanteil der Siedlungsabfälle verkauft, unser Potential ist also bei Weitem noch nicht ausgeschöpft, und das allergrößte liegt dabei im Baubereich, der von der Kreislaufwirtschaft aktuell am weitesten entfernt ist, obwohl gerade dieser Sektor der größte Rohstoffverbraucher und der größte Abfallproduzent ist. (Vergleichen Sie dazu die Angaben im Bundesabfallwirtschaftsplan.)

Die Rolle der Zivilgesellschaft

Kreislaufwirtschaft ist für uns eindeutig ein Thema für neue Produktions-, Lifestyle- und Konsummuster, also für den gesellschaftlichen Wandel. In Österreich beschränkt man sich aber derzeit darauf, Kreislaufwirtschaft als rein abfallwirtschaftliches Thema abzuhandeln. Das ist in etwa so, als ob man das Thema Migration ausschließlich von Grenzkontrollorganen diskutieren lassen würde.

Kreislaufwirtschaft ist ein gesellschaftspolitisches Veränderungsthema wie Migration, wie Digitalisierung, wie die wirtschaftliche Umverteilungsfrage. Es kann nur auf gesamtgesellschaftlicher Ebene sinnvoll diskutiert werden, unter Einbindung der Zivilgesellschaft und ihrer Organisationen.

Die Kreislaufwirtschaftsdiskussion steht in Österreich also noch ganz am Anfang, viel Arbeit kommt auf uns zu. Der Start dafür war die Auftaktveranstaltung Plattform Kreislaufwirtschaft Österreich am 21. März im Haus der Europäischen Union mit hochkarätigen Keynotes, Präsentationen und Podiumsdiskussionen. Abgehalten wurde sie vom Umweltdachverband in Zusammenarbeit mit RepaNet, dem Verband Abfallberatung Österreich (VABÖ) und dem European Environmental Bureau (EEB).

VertreterInnen von EU-Kommission und Parlament, der österreichischen Politik und Verwaltung – u. a. Josef Plank, Generalsekretär des BMNT, Hugo-Maria Schally von der EU-Kommission und Karin Kadenbach, Mitglied des Europäischen Parlaments – haben gemeinsam mit der Zivilgesellschaft über notwendige politische Rahmenbedingungen diskutiert.

Auch VertreterInnen von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Unternehmen anderer EU-Länder stellten ihren Umgang mit der Kreislaufwirtschaft vor. In Schottland wurde beispielsweise ein Fond in der Höhe von 18 Millionen Pfund für die Förderung der Kreislaufwirtschaft eingeführt. Wir von RepaNet fordern einen österreichischen Kreislaufwirtschafts-Fonds, der sich aus Mitteln der Wirtschaftsförderung, der Arbeitsmarktförderung und des Umwelt- und Abfallressorts speist, mit dem Ziel, in Österreich tausende neue Arbeitsplätze – zu einem sehr großen Teil in der Sozialwirtschaft – im Bereich Kreislaufwirtschaft zu schaffen.

RepaNet wünscht sich eine nationale Strategieplattform für Kreislaufwirtschaft mit allen Stakeholdern zur Politikberatung. Das heißt, nicht nur jene aus dem Abfall-, Umwelt- und im weitesten Sinne Nachhaltigkeitsbereich sollen einbezogen werden, sondern auch die produzierende Wirtschaft, aber vor allem die organisierte Zivilgesellschaft. Denn diese ist der größte Wirtschaftssektor und eigentliche Wohlstandsproduzent, werden doch deutlich mehr unbezahlte aber gesellschaftlich unverzichtbare Arbeitsstunden in der Freizeit erbracht (z.B. Care-Arbeit, Ehrenamt), als bezahlte Arbeitsstunden bei privaten und öffentlichen Arbeitgebern, wie dies zumindest für Deutschland durch das deutsche statistische Bundesamt belegt ist.

Weitere Infos …

auf Twitter mit #CircularFutures oder unter diesem Link

Alle Präsentationen auf www.circularfutures.at

Videobotschaft von Ministerin Elisabeth Köstinger

Fotos von der Veranstaltung

Ergebnisse der Online-Umfrage von Circular Futures

Presseaussendung Umweltdachverband

Webseite von Circular Futures (Plattform Kreislaufwirtschaft Österreich)

RepaThek: Bundesabfallwirtschaftsplan

Veranstaltungsempfehlungen der Plattform Kreislaufwirtschaft Österreich

© Circular Futures Franz Maier mit Julika Dittrich, Umweltdachverband, Sepp Eisenriegler, R.U.S.Z/RepaNet, Ladeja Godina Košir, Founder and Executive Director Circular Change Slowenia, Matthias Neitsch, Geschäftsführer RepaNet/VABÖ