Gebündelte Kräfte: Die NGOs wollen künftig gemeinsam ihr Knowhow und ihre Erfahrung der Politik und Verwaltung zur Verfügung stellen.
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VertreterInnen von 14 Verbänden und Netzwerken mit mehr als tausend gemeinnützigen Mitgliedsorganisationen haben am 12. April in Wien das von ihnen gegründete „Bündnis für Gemeinnützigkeit“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Einer dieser Verbände ist arbeit plus, das Netzwerk der sozialen Unternehmen Österreichs, dem auch RepaNet und die meisten der RepaNet-Mitgliedsbetriebe angehören.

Ziel dieses Zusammenschlusses von Dachorganisationen aus so verschiedenen Bereichen wie soziale Wohlfahrt, Beschäftigung, Kultur, Inklusion, Umwelt und Entwicklungszusammenarbeit ist es, ein starker Partner für die Zusammenarbeit mit der Regierung zu sein. Sie erinnern bei der Gelegenheit die Bundesregierung daran, für sie wichtige Punkte aus dem Regierungsprogramm 2013 – 2018 noch in dieser Legislaturperiode in Angriff zu nehmen. An Bundespräsident Van der Bellen richten sie den Appell, den Dialog mit der Zivilgesellschaft zu intensivieren.

Unsere Gesellschaft steht vor vielen sozialen, gesellschaftspolitischen, ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Von der steigenden Arbeitslosigkeit über notwendige Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen, der wachsenden Nachfrage nach sozialen Dienstleistungen, bis hin zur Aufnahme und Integration jener tausenden Kinder, Frauen und Männer, die auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung zu uns gekommen sind. Franz Neunteufl, Geschäftsführer der IGO – Interessenvertretung Gemeinnütziger Organisationen: „Tragfähige Lösungen für die gesellschaftlichen Herausforderungen können nur durch das Zusammenwirken aller maßgeblichen Kräfte gelingen. Die organisierte Zivilgesellschaft gehört da dazu.“

Judith Pühringer, Geschäftsführerin von arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich: „Wir haben erwartet, dass auch im Update des Regierungsprogramms Gemeinnützigkeit und freiwilliges Engagement wieder gebührend vorkommen und gefördert werden. Stattdessen wird Gemeinnützigkeit in einem Atemzug mit verpflichtendem Arbeitstraining genannt und bekommt dadurch eine ganz andere Bedeutung. Wir sind damit nicht einverstanden. Gemeinnützigkeit ist in jüngerer Zeit zu Unrecht in Verruf geraten. Wenn Sie an die Themen Arbeitstraining oder 1-Euro Jobs denken, dann hat die Gemeinnützigkeit fast so etwas wie einen abfälligen Beigeschmack bekommen“, so Pühringer weiter, „wir glauben aber, das Gegenteil ist der Fall. Gemeinnützigkeit ist das Gegenteil von Eigennützigkeit. Das bedeutet, dass wir gemeinwohlorientiert und gemeinnützig arbeiten, also nicht profitorientiert.“

Der „Dritte Sektor“ ist auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor: 234.000 Menschen oder rund 6 Prozent der unselbstständig Beschäftigten arbeiten im dritten Sektor. In den Jahren 2000 – 2010 ist die Beschäftigung um 39 Prozent gestiegen und steigt seither weiter. Der Beitrag des dritten Sektors zur Bruttowertschöpfung betrug 2015 7,5 Mrd. Euro oder 2,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Auch dieser Wert ist im Steigen begriffen. Zwei Millionen Menschen oder 28 Prozent der österreichischen Bevölkerung engagieren sich ehrenamtlich in Vereinen und gemeinnützigen Organisationen. Dies entspricht weiteren 230.000 Vollzeitstellen und einer theoretischen Bruttowertschöpfung von 4,7 Mrd. Euro.

„Wir glauben, es ist höchst an der Zeit, dass Politik nicht mehr nur hinter verschlossenen Türen vonstatten geht, sondern dass gemeinnützige Organisationen eingebunden werden, weil sie über extrem großes Erfahrungswissen, über sehr viel Know-How verfügen“, ist arbeit plus-Geschäftsführerin Judith Pühringer überzeugt: „Wir glauben, für eine zukunftsorientierte Politik ist es an der Zeit, dass genau diese Organisationen beteiligt werden.“ So konnte beispielsweise die Zivilgesellschaft beim Vergaberecht ihre Anliegen bei der Gesetzeswerdung erfolgreich einbringen. Mit dem neuen Regelwerk erhalten Bund, Länder und Gemeinden nunmehr die Möglichkeit, öffentliche Aufträge für jene Unternehmen vorzubehalten, die gemeinnützig sind, mehr als 30 Prozent benachteiligte Menschen beschäftigen und deren Unternehmenszweck es ist, diese in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Mit großer Sorge beobachten die Bündnismitglieder den Vertrauensverlust in die Wirkungsweise der politischen Systeme. Gabriele Gerbasits, Geschäftsführerin der IG Kultur: „Die Abwendung von europäischen Werten und Institutionen und die Rückkehr zu langfristig wirkungslosen nationalstaatlichen Lösungsversuchen sind nicht im Interesse zukünftiger Generationen.“

An den Bundespräsidenten appellieren die Gemeinnützigen, den Dialog mit der organisierten Zivilgesellschaft über die Zukunft des Landes und zur Stärkung des Gemeinsamen fortzusetzen und weiter auszubauen. Walter Marschitz, Geschäftsführer Sozialwirtschaft Österreich: „Wir glauben, dass er als verbindende und überparteiliche Instanz wie kein anderer dazu berufen ist, eine solche Initiative erfolgreich anzuführen.“

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