V.l.n.r. DI Christian Mlinar (Forum Rohstoffe), Elisabeth Smith, MSc (DRZ), Moderator Markus Mooslechner, Dr. Markus Susnik (WKO), Dr. Robert Holnsteiner (BMLRT, Abt. Mineralstoffpolitik), Mag. Herbert Wasserbauer (Dreikönigsaktion).

Anfang März wurde im Albert Schweitzer Haus in Wien intensiv über Rohstoffabbau und -verarbeitung sowie die Neuausrichtung der österreichischen Rohstoffstrategie diskutiert. Die AG Rohstoffe hatte hierzu Gäste aus Kolumbien, Brasilien und China sowie österreichische ExpertInnen eingeladen.

Am 4. März ging man im Albert Schweitzer Haus in Wien folgender Frage nach: „Wie machen wir Österreich durch eine neue Rohstoffstrategie fit für die Zukunft?“. Die Veranstaltung wurde von der AG Rohstoffe, von der auch RepaNet Teil ist, organisiert. Durch den Nachmittag führte Markus Mooslechner (Terra Mater Factual Studios). Nach der Begrüßung durch Lena Steger (GLOBAL 2000), die die AG Rohstoffe und ihre Arbeit (hier geht’s zum Positionspapier) vorstellte, folgte ein Beitrag von Karin Küblböck (ÖFSE).

Küblböck zeigte deutlich, dass unser steigender Verbrauch an nicht nachwachsenden Rohstoffen – der Konsum in Österreich ist in etwa so hoch wie jener in Australien und den USA – nach einer umfassenden Betrachtung der Problemstellung und einer interdisziplinären Herangehensweise verlangt. Einerseits gilt es, eine Senkung des Verbrauchs zu erreichen; weiters, die negativen Auswirkungen des Abbaus möglichst einzuschränken. Die Erarbeitung der neuen integrierten Rohstoffstrategie, wie sie letztes Jahr vom Ministerrat beschlossen wurde, eröffnet Österreich aktuell die Chance dazu, Verantwortung zu übernehmen.

Nach diesem Einstieg folgten die internationalen Beiträge. Um die Stimmen des globalen Südens präsent zu machen, hatte die AG Rohstoffe drei Speaker eingeladen, welche über die Auswirkungen unseres Rohstoffhungers in ihren jeweiligen Ländern sprachen.

Der Beitrag von Dom Vincente de Paula Ferreira, Weihbischof der Erzdiözese Belo Horizonte in Brasilien, führte eindringlich die katastrophalen Auswirkungen des Bergwerksdesasters von Brumadinho, das sich im Jänner 2019 zutrug, vor Augen: Bei einem Dammbruch einer Eisenerzmine starben dort 272 Menschen. Dom Vincente machte nachdrücklich deutlich, dass es sich hierbei um kein isoliertes Phänomen handelt – allein im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais gäbe es aktuell vierzig riskante Dämme. Als Sprecher für die betroffenen Familien macht sich Dom Vincente dafür stark, dass die drastischen Auswirkungen bekannt gemacht und angegangen werden.

Der folgende Beitrag von Yefferson Rojas Arango, Mitbegründer des Jugendkollektivs Cosajuca, führte nach Kolumbien. Yeffersons Heimatregion leistet einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag durch biologische Landwirtschaft – 60% des in Kolumbien produzierten Obst und Gemüses kommt aus der Gegend. In seiner Heimatgemeinde Cajamarca in den Anden sollte ein Berg für die Gewinnung von Gold abgetragen werden. Dabei muss für den Abbau von einigen wenigen Gramm Gold eine ganze Tonne Felsen bewegt werden. Das Jugendkollektiv konnte das Goldabbauvorhaben durch andauernde Proteste stoppen. Hier betonte Yefferson die positive Kommunikation – so ging man gemeinsam „für das Leben“ auf die Straße und feierte Feste, um gegen die Bedrohung anzukämpfen; dieser positive Protest – und die Beharrlichkeit – war wohl einer der Schlüssel zu ihrem Erfolg. Zudem wurde ein demokratischer Beteiligungsprozess angestoßen. Das Goldminenprojekt ist derzeit gestoppt, man ist jedoch aktuell noch dabei, eine Aberkennung der noch gültigen Bergbaulizenzen zu erwirken.

Im folgenden Kommentar von Herbert Wasserbauer (Dreikönigsaktion – Hilfswerk der Katholischen Jungschar) betonte er vor allem die Notwendigkeit der Senkung unseres Primärrohstoffverbrauchs sowie die Übernahme von Verantwortung für Lieferketten durch heimische Unternehmen. Im Anschluss wurde unter anderem darüber diskutiert, was wir aus den Beispielen lernen können.

Mit Au Lap Hang folgte ein Einblick in die Arbeitsbedingungen in der Rohstoffverarbeitung in China. Au engagiert sich von Hong Kong aus für die ArbeitnehmerInnenrechte in der chinesischen IT-Industrie. China ist zurzeit etwa im Bereich der Herstellung von Lithium-Ionen-Akkus aufstrebend. Doch dies ist verbunden mit großen Probleme für ArbeiterInnen: lange Arbeitstage, geringer Lohn, fehlende Sozialversicherung, unsichere Arbeitsplätze, gefährliche Arbeitsbedingungen und psychischer Druck sind für viele Realität.

Matthias Neitsch von RepaNet wies in seinem Kommentar auf die Möglichkeiten hin, bei hohem Lebensstandard den Rohstoffverbrauch zu senken, indem die Produktions- und Konsummuster geändert werden – Wiederverwendung und Reparatur sind Schlüssel hierzu. Matthias Haberl von Südwind zeigte, dass mit Electronics Watch ein funktionierendes System besteht, das öffentliche Einrichtungen dabei unterstützt, elektronische Produkte nach höchsten ökologischen und sozialen Standards einzukaufen. In der anschließenden Fishbowl-Diskussion ging es neben Eigenverantwortung von KonsumentInnen u.a. auch um die Möglichkeiten und Hindernisse in der Bauindustrie für Baustoffrecycling sowie die fachgerechte Entsorgung von Lithiumbatterien.

Die abschließende Podiumsdiskussion brachte die vorangehenden Inputs nun noch intensiver auf eine österreichische Ebene. Es nahmen Dr. Robert Holnsteiner (Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, Abteilung Mineralstoffpolitik), DI Christian Mlinar (Forum Rohstoffe, Umwelttechnik Bernegger GmbH), Elisabeth Smith, MSc (Demontage- und Recycling Zentrum, DRZ), Dr. Markus Susnik (Wirtschaftskammer Österreich) und Mag. Herbert Wasserbauer (Dreikönigsaktion ) teil.

Smith führte aus, dass es in den Lieferketten unbedingt mehr Transparenz bräuchte. Susnik erklärte, dass die WKO etwa im Bereich Chemikalien sehr aktiv ist. Mlnar wies auf die Relevanz der Frage eines nachhaltigen, guten Bergbaus hin, der die lokale Bevölkerung schützt, hin. Wasserbauer erwähnte die Vorteile, wenn Lieferkettenverantwortung für alle verpflichtend würde. Dr. Holnsteiner betonte die Notwendigkeit der Stärkung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten. Er wünsche sich, gemeinsam mit den beteiligten Stakeholdern zu einem gemeinsamen Wording betreffend die neue Rohstoffstrategie zu finden. Auch brauche eine starke Strategie ein Maßnahmen-Monitoring.

Wer nun mehr Details zu den einzelnen Beiträgen und Diskussionen erfahren möchte, kann die Audiomitschnitte (leider ohne Übersetzung) nachhören (sie sind unter diesem Link abrufbar). Unten finden Sie außerdem die Links zu den einzelnen Präsentationen. Einen ausführlichen Veranstaltungsrückblick lesen Sie hier.

Rund um die Veranstaltung #Rohstoffwende wurden von der AG Rohstoffe zudem Gesprächstermine mit StakeholderInnen, EntscheidungsträgerInnen und Medien organisiert, um die Stimme der internationalen Gäste an möglichst vielen Orten hörbar zu machen. Die AG Rohstoffe dankt ihren Gästen für die Bereitschaft, ihre Situation und Erfahrungen in Österreich zu schildern.

Die AG Rohstoffe wird von Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, GLOBAL 2000, dem Jane Goodall Institut – Austria, Finance & Trade Watch, Südwind, dem Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe), weltumspannend arbeiten und RepaNet gebildet. Wissenschaftlich begleitet wird das Bündnis durch die Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE).

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ausführlicher Veranstaltungsrückblick als Download

Download: Rohstoffwende Programmpunkte

Download: Vortrag Küblböck – Die Rohstoffpolitik Österreichs und globale Auswirkungen

Download: Vortrag Au – China the inhumane factory in our digital life

Download: Vortrag Yefferson – Cajamarca

Audio-Mitschnitte der einzelnen Beiträge

Bericht auf Website von Ö1: Der Hunger nach Rohstoffen und seine Folgen

RepaNews: Diskutieren Sie mit internationalen Gästen über Rohstoffpolitik

RepaNews: AG Rohstoffe: Es ist Zeit für ein sozial-ökonomisches Upgrade der Rohstoffpolitik!

RepaNews: Ressourcenverbrauch wird sich bis 2060 verdoppeln

VABÖ-News: Gesellschaftlicher Wohlstand mit weniger Ressourcen möglich