© Harald A. Jahn

Im Oktober letzten Jahres wurde ein großangelegtes Re-Use-Projekt in Wien Alsergrund gestartet. In einer richtungsweisenden Kooperation mit der Bundesimmobiliengesellschaft führt BauKarussell auf dem Areal des künftigen MedUni Campus Mariannengasse Urban Mining mit sozialem Mehrwert durch. Re-Use-Bauteile werden online in einem Bauteilkatalog präsentiert.

Dort, wo ab 2025 Wiener MedizinstudentInnen ein und aus gehen werden, wird zurzeit Urban Mining mit sozialem Mehrwert durchgeführt: Im neunten Wiener Gemeindebezirk, in direkter Nachbarschaft zum Universitätscampus im Alten AKH, befindet sich das ehemalige Wien Energie-Zentrum. Auf dem Areal wird bis Ende 2025 der neue MedUni Campus Mariannengasse entstehen. Vor der Errichtung des neuen, modernen Gebäudes werden Teile des bestehenden Komplexes abgebrochen, etwa das Gebäude an der Spitalgasse. Alle denkmalgeschützten bzw. in der Schutzzone liegenden Gebäude der Mariannengasse 4-6 und Höfergasse 8-12 werden unter Einhaltung aller behördlichen Vorgaben umgebaut und generalsaniert. Diese Phase soll im Herbst 2020 starten. Die Zeit bis dahin wird von der Bundesimmobiliengesellschaft intensiv für Urban Mining genutzt, und gemeinsam mit BauKarussell werden seit Oktober erste Maßnahmen durchgeführt.

BIG und MedUni Wien realisieren gemeinsam mit BauKarussell Social Urban Mining

„Wir freuen uns, dass wir BauKarussell als Projektpartner beim MedUni Campus Mariannengasse gewinnen konnten. Wir wollen ein Zeichen für nachhaltiges Bauen setzen und mit dieser Kooperation einen Beitrag sowohl zur Kreislauf- als auch Sozialwirtschaft leisten. Wir erwarten uns einen deutlichen ökonomischen und ökologischen Mehrwert gegenüber dem konventionellen Ablauf von Abbruch und Entsorgung“, bestätigt BIG Geschäftsführer Hans-Peter Weiss.

Kreislaufwirtschaft von Planung bis Rückbau

Auch RepaNet ist Teil des BauKarussell-Projektkonsortiums, das sich auf Kreislaufwirtschaft am Bau spezialisiert hat. „Wir müssen künftig so ressourcenschonend wie möglich Gebäude planen und bauen, die wir dann beim Rückbau in wiederverwendbare Einzelkomponenten zerlegen können. Hier gibt es bereits innovative Leuchtturmprojekte, doch bis dieses Wissen und auch die Umsetzung in der gesamten Bauwirtschaft ankommen, liegt noch ein langer Weg vor uns.“ gibt Thomas Romm, Architekt und Gründer von BauKarussell, einen Einblick in die Zukunft des Bauens. Bis dahin gilt es, im Rückbau die vorhandenen Potentiale von Gebäuden so gut wie möglich auszuschöpfen – so auch im Fall des MedUni Campus Mariannengasse.

Sortenreine Trennung und Entfrachtung

Den Hintergrund für die Tätigkeiten von BauKarussell bildet dabei die Recycling-Baustoffverordnung. Diese schreibt bei großflächigen Rückbauvorhaben eine Schad- und Störstofferkundung vor. Beide Gruppen sind vor dem maschinellen Gebäudeabbruch aus dem Objekt zu entfernen. Am Areal des künftigen MedUni Campus Mariannengasse legt BauKarussell unter anderem Deckenelemente frei, die als Störstoffe vor dem Abbruch entfernt werden müssen. Aber auch bestimmte Schadstoffe, wie Leuchtstoffröhren, werden getrennt gesammelt. Zusätzlich werden höhere Werterlöse durch die getrennte Sammlung bestimmter Fraktionen generiert. Bis Ende 2019 wurden so insgesamt bereits 13.680 kg in die stoffliche Verwertung gebracht.
Auch in der Recycling-Baustoffverordnung festgelegt ist die Ermöglichung einer Weitervermittlung von Re-Use-Bauteilen – so es dafür interessierte AbnehmerInnen gibt. Damit man diese findet, werden wiederverwendbare Elemente in einem Bauteilkatalog gelistet.

Von der Wendeltreppe bis zur Großküche

Im MedUni Campus Mariannengasse wurden von BauKarussell bis Ende 2019 knapp 4.600 kg Bauteile an AbnehmerInnen abgegeben, die diese in neuen Bauvorhaben zum Einsatz bringen. Ein Beispiel: Anfang Dezember wurden von einem Upcycling-Unternehmen an die 50 Innentüren abgeholt – daraus sollen Wandverkleidungen unter Fenstern entstehen. Und es befindet sich noch eine große Anzahl an wiederverwendbaren Elementen im Gebäude: Neben diversen Türen (Brandschutztüren, Flügeltüren) etwa Glastrennwände, Beleuchtungselemente, Fliesen, Waschbecken und Armaturen. Drehkreuze, ein Rollarchiv, ein Großküchenherd und ein Bandgeschirrspüler eignen sich für den Wiedereinsatz in größeren Bauvorhaben. Sogar ein Paternoster ist zu haben.

„Es ist unser Ziel, möglichst viele Elemente weiterzuvermitteln. Denn nur durch die Erhaltung der Funktion können wir konsequente Kreislaufwirtschaft betreiben. Zentral ist auch unser sozialer Anspruch: Bei BauKarussell werden die operativen Ausbauarbeiten von ehemals Langzeitarbeitslosen durchgeführt. Dafür kooperieren wir mit sozialwirtschaftlichen Partnerbetrieben. Die BIG setzt mit dieser Kooperation also nicht nur ein Zeichen für Ressourcenschonung, sondern zeigt auch soziales Engagement. Wir freuen uns sehr über die gute Zusammenarbeit.“ erklärt Markus Meissner (pulswerk GmbH), Ressourcenmanager und Gründer von BauKarussell. Bis Ende Dezember wurden bereits knapp 1.400 Arbeitsstunden auf das Konto der Sozialwirtschaft verbucht.

Großes öffentliches und mediales Interesse

Und auch das öffentliche und wissenschaftliche Interesse an dem Projekt ist groß. Mitte Jänner war eine Studierendengruppe des FH Campus Wien auf Exkursion vor Ort (siehe BauKarussell-Newsbeitrag). Auf der heurigen Re-Use-Konferenz (RepaNews) präsentierten DIin Catherine Gillier-Krajc, MSc (BIG) und Markus Meissner das Projekt MedUni Campus Mariannengasse (siehe BauKarussell-Newsbeitrag). Und auch diverse Medienberichte zeugen davon, dass Kreislaufwirtschaft am Bau einen Nerv trifft, so etwa im Immo Kurier, auf orf.at und im Standard.

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derstandard.at: Großer Wert, kleiner Preis: Wiederverwerten vom Paternoster bis zum Heizkörper

RepaNet: Über BauKarussell

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