Eine repräsentative Umfrage von Greenpeace und Arbeiterkammer Wien ergibt ein bedenkliches Bild: Österreicher:innen tragen rund die Hälfte ihrer Kleidung nur gelegentlich bis gar nicht. Mehr als ein Viertel, das sind mindestens 185 Millionen Kleidungsstücke, liegen sogar fast ungenutzt in österreichischen Kleiderkästen. Ein Vernichtungsverbot und Lieferkettengesetz werden dringend gefordert.

Sie sind zu Jahresbeginn in allen bekannten Modezeitschriften und den sozialen Medien zu finden: die Modetrends, die uns im neuen Jahr begleiten werden. Jedes Jahr neu, jedes Jahr unnötig. Denn wie jetzt eine Umfrage von Greenpeace und der Arbeiterkammer Wien ergeben hat, fristen viele dieser Kleidungsstücke ein trostloses, ungenutztes Dasein in Österreichs Kleiderschränken.

Hauptverantwortlich dafür ist die immer noch viel zu schnelllebige Modeindustrie. Fast Fashion Produkte und günstige Preise führen zu unüberlegten Käufen und wertvollen Ressourcen, die ungenutzt im Müll enden. Dabei zeigt die Umfrage, dass sich eine überwältigende Mehrheit politische Maßnahmen wünscht, um die negativen Auswirkungen von Fast Fashion zu reduzieren. 91 Prozent der Befragten fordern ein Lieferkettengesetz, 86 Prozent ein Vernichtungsverbot für neuwertige Ware. Greenpeace Österreich und die Arbeiterkammer Wien fordern von der Politik, diese Gesetze zügig umzusetzen. Zudem müssen Alternativangebote, wie Reparatur-, Second-Hand- und Tauschangebote ausgebaut und gefördert werden:

 

“Die Trends von heute landen bereits morgen im Müll. Die Fast Fashion-Industrie heizt die Klimakrise an, verschmutzt Flüsse und Meere und ist für untragbare Arbeitsbedingungen für Millionen von Menschen verantwortlich. Die verantwortlichen Konzernchefs und Politiker:innen müssen diesen Wahnsinn stoppen und die Modeindustrie auf neue Beine stellen. In einer klimaverträglichen Welt kaufen wir nicht Wegwerfkleidung, sondern können in vielen Geschäften Second Hand-Kleidung kaufen, Mode ausleihen, tauschen und reparieren. Dafür braucht es die passenden Gesetze”, fordert Lisa Panhuber, Konsumexpertin bei Greenpeace in Österreich.

 

Bewusstsein für nachhaltigen Konsum wächst

Die Realität sieht derzeit allerdings noch anders aus, wie die Ergebnisse der Umfragen zeigen. Jede:r zweite Befragte shoppt regelmäßig bei Fast Fashion Modeketten sowie Online-Shops. Second Hand Kleidung haben hingegen im letzten Jahr nur 17 Prozent der Befragten regelmäßig gekauft. Während für rund 80 Prozent der Preis ein wichtiges Kaufkriterium ist, sind Umwelt- und Sozialstandards nur für rund 40 Prozent kaufentscheidend.

Im Vergleich zu einer Befragung von 2019 sind Umweltstandards jedoch wichtiger geworden. Dennoch sei ein Ausbau von Second Hand, Reparatur und Tauschmöglichkeiten dringend notwendig, so Konsumforscherin Nina Tröger, AK Konsument:innenpolitik. Gesetzliche Mindeststandards, Grenzen für Fast Fashion und staatliche Förderung alternativer Konsummöglichkeiten seien essentiell, um die Textilindustrie nachhaltig zu verändern und würden unter den Befragten breite Zustimmung finden.

RepaNet begrüßt grundsätzlich die Pläne von Klimaministerin Gewessler hinsichtlich Vernichtungsverbot unverkaufter Kleidung und weist darauf hin, dass mit den sozialwirtschaftlichen Textilsammel- und Verwertungsbetrieben unseres Netzwerkes eine hochprofessionelle Alternative zur Vernichtung geboten werden kann, die allerdings nicht als kostenlose Entsorgungsmöglichkeit des Textilhandels missbraucht werden darf. Auf der anderen Seite ist ein Vernichtungsverbot eine Symptombehandlung, die von internationalen Konzernen leicht umgangen werden könnte, wenn sie nicht gut konzipiert ist.

Die Ursachen für das Phänomen liegen in Geschäftsmodellen, die einerseits auf ausbeuterischen Lieferketten der globalisierten Fast-Fashion-Industrie und andererseits auf dem ökonomischen Wachstumszwang basieren, der Unternehmen zwingt, in ohnehin gesättigte Märkte dennoch immer mehr Produkte hineinzupumpen, deren Lebensdauer dann immer weiter verringert wird, um das Geschäftsmodell aufrecht erhalten zu können. Hier kann langfristig nur eine gesetzliche Limitierung des Rohstoffeinsatzes und eine Einbeziehung externer Umweltkosten und gerechter Löhne (via Lieferkettenverantwortung) zu einer Verbesserung beitragen. Sich lediglich auf Appelle an die Verantwortung der Unternehmen und der Konsument:innen zu konzentrieren, wird wie schon bisher weitgehend wirkungslos bleiben.

 

Mehr Infos…

Presseaussendung: Umfrage von Greenpeace und AK: Mindestens 185 Millionen Kleidungsstücke hängen fast ungenutzt in Österreichs Kleiderschränken

AK Wien: Umfrage Modekonsum: Hoher Preis für Umwelt, Klima und Menschen

 

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