Re-UseVerkauf
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Verleih und Second-Hand-Verkauf bewegen sich in der Modebranche langsam aber sicher aus der Nische heraus und werden breitentauglich. Immer mehr Firmen springen auf den Zug auf und machen nachhaltige kreislaufwirtschaftliche Modelle zu einem Teilbereich – oder dem Herzstück – ihres Betriebes.

Die Modeindustrie ist bekannt für ihre kurzsichtige Wirtschaftsweise. In der Fast Fashion gibt es mehrere Kollektionen pro Jahr, die Qualität lässt zu wünschen übrig und die Produktionsbedingungen schaden Mensch und Natur. So verbraucht die Produktion eines einzigen T-Shirts im Schnitt 2.700 Liter Wasser. Doch langsam, aber sicher verändert sich das Stimmungsbild und es machen sich alternative Geschäftsmodelle breit.

Einzelne Firmen und Marken setzen bereits erfolgreich nachhaltige Strategien um und können sich damit auf einem Markt behaupten, der von starker Konkurrenz geprägt ist. Eileen Fisher ist eine davon: Hier wird Qualitätskleidung produziert, die möglichst lange getragen werden soll. Danach kann sie wieder in den Shops abgegeben werden und wird in eigenen Renew-Stores weiterverkauft oder in Kunstwerke umgewandelt. Seit 2009 wurden 1 Million Kleidungsstücke zurückgenommen. Weitere Beispiele für erfolgreiche Kleidungsproduzenten mit Re-Use-Initiativen sind Nudie Jeans und Patagonia worn wear. Auch Tchibo betreibt in Deutschland erfolgreich ein Verleihsystem für Kinder- und Damenmode. Circle Economy, ein Think Tank der Ellen Mac Arthur Foundation, hat vor kurzem das Projekt „Switching Gear“ initiiert, das sechs Kleidungsmarken durch einen Prozess begleiten soll, der Verleih und Wiederverkauf als Pilotprojekte und somit auch die Kreislaufwirtschaft in der Modebranche umsetzt.

H&M – „Take care“ und Recyclingprogramm

Sogar der Fashion-Riese H&M hat ein Service zur Verlängerung der Lebensspanne von Kleidung entwickelt: Unter dem Motto „Take care“ werden seit 2018 ein umweltfreundliches Waschmittel, ein kostenloser Reparaturservice und Tipps zu Pflege, Reparatur und Upcycling angeboten. Schon seit längerem gibt es Kollektionen aus Bio-Baumwolle und ein eigenes Recyclingprogramm. Das langfristige Ziel ist ambitioniert: Bis 2030 will das Unternehmen ausschließlich recycelte oder nachhaltige Materialien verwenden, bis 2040 will man vollständig auf Kreislaufwirtschaft setzen. Recherchen wie die eines dänischen Fernsehsenders, die aufdeckten, dass H&M ungetragene, unverkaufte Kleidung verbrennt (RepaNews hat berichtet), zeichnen jedoch ein höchst ambivalentes Gesamtbild. Vielleicht will das Unternehmen aber tatsächlich umlenken und mit einem Kurswechsel auch den Ansprüchen von KundInnen genügen, für die Nachhaltigkeit und Langlebigkeit wichtige Kriterien sind – denn diese werden immer mehr.

Re-Use und Verleih als Kerngeschäft

Parallel tauchen am Markt immer mehr Firmen auf, die Re-Use oder Verleih zum Kern ihrer Arbeit machen. Ein Beispiel ist das US-amerikanische Unternehmen thredUP: Dabei handelt es sich um den weltgrößten Second-Hand-Marketplace. Nicht mehr benötigte Kleidung sendet man per Post ein und im Gegenzug erhält man einen Gutschein oder die Möglichkeit, an eine Organisation zu spenden. Die Kleidung wird dann online verkauft. Im thredUP Report 2019 wird mit einer Verdopplung des Second-Hand-Kleidungsmarktes bis 2023 gerechnet. Weitere Beispiele sind The Next Closet,The RealReal, Rent The Runway und Gwynnie Bee. All dieses Initiativen zielen darauf ab, die Lebensdauer von Kleidungsstücken zu erhöhen. Und das senkt den Bedarf an neu produzierter Kleidung und das Abfallaufkommen im Textilbereich.

Konsumverhalten ändert sich – Branche reagiert

Spannend sind auch die im „The State of Fashion 2019 Report“ von McKinsey & Co konstatierten Schlüsseltrends und -botschaften für 2019, denn hier wird Verleih- und Recommerce-Modellen ein großes Potential zugeschrieben. Das Konzept des Besitzes habe keinen Vorrang mehr, was sich auch in anderen Bereichen bereits zeige. Auch wird erkannt, dass sich das Konsumverhalten immer mehr ändere und dass den Anforderungen Nachhaltigkeit und Zirkularität genauso wie Neuigkeit und Leistbarkeit entsprochen werden müsse.

Die Bedeutung von karitativen Organisationen

Die carla in Vitis wird betrieben von RepaNet-Mitglied Caritas der Diözese St. Pölten, © Caritas / Franz Gleiss

Eine wichtige Rolle innerhalb des Verkaufes von Second-Hand-Marktes nehmen wohltätige Organisationen ein. Hier wird der ökologische Aspekt mit einem sozialen Ansatz verknüpft. Die wohltätige Organisation Oxfam Ireland rettet mit einer innovativen Kooperation Produkte, die es noch nicht bis zur/m VerbraucherIn geschafft haben, davor, vernichtet zu werden: Nicht verkaufter Schmuck und Accessoires der Marke Six werden von der Firma Beeline an Oxfam gespendet und von Oxfam in eigenen „Six4Good“-Stores verkauft. 2018 konnten so von Oxfam 1,3 Mio. € eingenommen werden. Was sonst leider oft im Müll landet (oder direkt verbrannt wird, bei unverkaufter Kleidung) um die Marke zu schützen, gelangt letztlich doch noch zu den KonsumentInnen. Dieses Pilotprojekt kann als Role Model für andere Organisationen dienen und es ist wünschenswert, dass viele weitere Firmen zu ähnlichen Kooperationen bereit sind.

Niedrige Qualität der Kleiderspenden braucht Lösungen

Ein zentrales Problem, mit dem der Second-Hand-Handel zu kämpfen hat ist, dass durch die Fast Fashion die Qualität der Kleiderspenden kontinuerlich abnimmt. Oxfam konnte 2017 beispielsweise von den erhaltenen Kleidungsspenden lediglich 10% in ihren Shops weiterverkaufen, die verbleibenden 90% waren von zu geringer Qualität. Parallel nimmt die Menge an gespendeter Kleidung zu. Jene, die nicht mehr verkauft werden kann, im Kreislauf zu behalten, ist eine der großen Herausforderungen, vor denen die Kleidungsindustrie heute steht. Es gilt, energiesparende und effektive Methoden zu entwickeln, wie Kleidung recycelt werden kann. Der Wert der Materialien sollte dabei möglichst bestehen bleiben, um den Kreis zu schließen.

Mehr Infos …

Circular Economy: The role of charity shops in a circular textiles value chain (Beispiel Oxfam, Englisch)

Infos zu den Six4Good-Stores

Über thredUP

thredUP Resale Report 2019

Eileen Fisher Renew

enorm Magazin: H&M gegen Fast Fashion?

H&M Take Care Programm

RepaNews: H&M verbrennt ungetragene Kleidung

RepaNews: Burberry stoppt Kleiderverbrennung, H&M in Verlegenheit

Studie der Ellen Mac Arthur Foundation zu weniger Verschwendung in der Modeindustrie

McKinsey & Co: The State of Fashion 2019 Report

Circle Economy: Switching Gear Projekt

VABÖ-News: Tchibo betreibt Mietservice für Kinderkleidung und Damenmode

VABÖ-News: In Frankreich darf ab 2019 unverkaufte Kleidung nicht mehr vernichtet werden