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Seit das türkis-grüne Regierungsprogramm vorliegt, wird es von diversen StakeholderInnen auf Biegen und Brechen geprüft. Erstmals werden Kreislaufwirtschaft, Re-Use und Reparatur sowie die in diesem Feld tätigen sozialwirtschaftlichen Unternehmen explizit gewürdigt. Unsere Themenfelder scheinen starken Rückenwind zu erhalten – und diesen werden wir bestmöglich nutzen.

Das österreichische Regierungsprogramm 2020-2024 gibt den Kurs für die neue türkis-grüne Regierung vor. Es bildet den Rahmen, innerhalb dessen die Koalitionspartner sich in den nächsten Jahren bewegen werden – und Klimaschutz ist hoch im Kurs. So heißt es im Vorwort:

„Wir sind die erste Generation, die die Folgen der Klimakrise spürt, und gleichzeitig die letzte Generation, die noch gegensteuern kann. Der Schutz der Umwelt und eine starke Wirtschaft dürfen kein Widerspruch sein. Unser Wirtschaftsstandort kann noch dynamischer werden, wir können mehr und bessere Jobs schaffen, wenn wir in Nachhaltigkeit investieren.“

Dass im Umweltbereich vermehrte Jobchancen liegen, beweist die Sozialwirtschaft seit Jahren; im Feld Re-Use hat sie sich zum Profi entwickelt. Bezüglich der Förderung von Projekten, die Kreislaufwirtschaft und Sozialwirtschaft miteinander verschränken, setzt RepaNet nun große Hoffnungen auf die neue Koalition. Wie berichtet haben wir bereits im Vorfeld der Nationalratswahlen das Thema Re-Use und Reparatur auf den Tisch der wahlwerbenden Parteien gebracht (siehe Parteienbefragung). Vor und während der Regierungsverhandlungen haben wir uns bei zahlreichen relevanten Stakeholdern dafür eingesetzt, dass unsere Forderungen an die Politik berücksichtigt werden (mehr über unsere Tour durch die Parlamentsklubs in Kürze in den RepaNews). Wir sehen im Anfang Jänner veröffentlichten Regierungsprogramm ein klares Bekenntnis zu einigen unserer Anliegen.

Kreislaufwirtschaft bekommt Aufwind

An mehreren Stellen, so etwa im Themenbereich  „Standort- und Industriepolitik“ (S.88), wird Kreislaufwirtschaft explizit erwähnt. Für diese müsse ein „strategischer Maßnahmenplan“ entwickelt werden – wir begrüßen dieses Bekenntnis zur Circular Economy, für die wir uns seit Jahren stark machen, und die durch den „Green Deal“ und das baldige Update des Circular Economy Package zurzeit besonders auch auf EU-Ebene an Momentum gewinnt. Der hohe Stellenwert, der der Vermeidung sowie Re-Use hier zukommt, wird im neuen Regierungsprogramm herausgestrichen:

„Echte Kreislaufwirtschaft arbeitet dabei nach den Prinzipien „Vermeiden, Wiederverwenden und Verwerten“, denn wertvolle Ressourcen müssen verantwortungsbewusst, sparsam und effizient genutzt werden. Der Abfall von heute ist der Rohstoff von morgen. Längere Lebenszyklen machen nicht nur aus ökologischer und ökonomischer Sicht Sinn: Auch die Konsumentinnen und Konsumenten genießen die Vorteile von langlebigen und innovativen Produkten.“ (S.140, Umwelt- und Naturschutz)

Auch ein „Pfandsystem auf Batterien und Kleingeräte“ soll geprüft werden, was die Rückgabemengen von Kleingeräten stark erhöhen könnte. Wir sind gespannt auf das Ergebnis dieser Prüfung.

Ins Regierungsprogramm haben zudem die „Unterstützung von Modellregionen für die Kreislaufwirtschaft“ (S.141) sowie die „Förderung der Entwicklung einer regionalen Kreislaufwirtschaft sowie Kreislaufwirtschaftsprojekten“ Eingang gefunden. Hier sehen wir große Chancen für die Umsetzung konkreter Projekte wie etwa des vermehrten Ausbaus von regionalen Re-Use-Netzwerken und Partnerschaften in dem Bereich.

Bekenntnis zu Reparatur

An mehreren Stellen werden geplante Maßnahmen im Bereich Reparatur gelistet. Unsere Forderung nach fiskalischen Anreizen für Reparatur hat Eingang gefunden. Geplant ist die „steuerliche Begünstigung für kleine Reparaturdienstleistungen und den Verkauf reparierter Produkte“, sowie ein erleichterter Zugang zu Ersatzteilen und Informationen. Angestrebt wird weiters die „Weiterentwicklung der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie zur Ermöglichung weiterer steuerlicher Begünstigungen für Reparaturdienstleistungen“ – RepaNet begrüßt dieses klare Bekenntnis der Regierung (siehe auch RREUSE-Positionspapier zum Thema EU-Mehrwertsteuerrichtlinie).

Auf dem Weg zu „langlebigen, reparierbaren und wiederverwertbaren Produkten“ beruft man sich auf die „Umsetzung und Weiterentwicklung der europäischen Ökodesignrichtlinie in Richtung Design for Recycling und Design for Reuse (Verhinderung geplanter Obsoleszenz)“. Die auf EU-Ebene beschlossene Ökodesign-Richtlinie muss bis 2021 in nationales Recht umgesetzt werden; eine Ausweitung auf weitere Warengruppen wie etwa Handys ist wünschenswert – dafür setzt sich RepaNet im Rahmen der „Right to Repair“-Koalition ein.

Auch Repair Cafés werden erwähnt im Zuge der „Ausweitung des Förderprogramms zur Unterstützung von Re-Use-Aktivitäten, Repair-Cafés und anderen Kreislaufwirtschaftsinitiativen“ explizit erwähnt.

Förderung der Sozialwirtschaft

Einen besonderen Meilenstein sehen wir in der expliziten Erwähnung von Sozialbetrieben: „Sozialökonomische Betriebe mit Kreislaufwirtschaft (ökologisch und sozial) fördern. Zielgruppe: Langzeitarbeitslose, Menschen mit Vermittlungshindernissen“ (S. 259: Schnittstelle Arbeitsmarkt / Digitalisierung / Klimaschutz / Zukunftsherausforderungen). Weiters wird angeführt, dass die Mittel für SÖB und gemeinnützige Betriebe im Arbeitsmarktpolitikfinanzierungsgesetz (AMPFG) gesichert werden (S.259: AMS).

Hier sehen wir einen zentralen Ansatzpunkt für unsere künftige Arbeit. In dem Zusammenhang sehen wir eine enge Zusammenarbeit von Sozial- (bzw. Arbeitsmarkt-) und Umweltministerium als zielführende Strategie, wofür wir weiterhin wie schon bisher den Anstoß geben werden.

An dieser Stelle wollen wir uns bei den VerhandlerInnen bedanken. Wir sehen nunmehr die Chance, die Kreislaufwirtschaft mit den prioritären Maßnahmen Vermeidung, Re-Use und Reparatur entscheidend und intensiver als bisher weiter zu entwickeln und insbesondere die sozialwirtschaftlichen Akteure in diesem Feld zu stärken. Wir werden uns dafür einsetzen, dass auf dieses ambitionierte Programm konkrete Vorhaben und Maßnahmen folgen.

Mehr Infos …

Link zum vollständigen Regierungsprogramm

RepaNews: Österreichische Parteien wollen sich mehrheitlich für Re-Use und Reparatur  engagieren

RepaNews: Mehrwertsteuersenkung würde Reparaturbetriebe und Kreislaufwirtschaft fördern

RepaNews: Der European Green Deal ist da

RepaNews: Re-Use prominent im EU-Kreislaufwirtschaftspaket 2.0

RepaNews: RepaNet ist Teil der „Right to Repair“-Koalition

RepaNews: RepaNet-Markterhebung 2018 zeigt: 1.800 Arbeitsplätze, über 12.500 Tonnen Re-Use-Güter