© RepaNet

Die Erfahrung der RepaNet-Mitglieder und der Reparaturinitiativen zeigt es schon lange – nun wird es erstmals durch eine Studie bestätigt: Ehrenamtliche Reparaturinitiativen wie Repair-Cafés sind kein Störfaktor für das Geschäft von Reparaturbetrieben. Ganz im Gegenteil gibt es viele Überschneidungsbereiche und eine gegenseitige Bestärkung, die zu besserer öffentlicher Bewusstmachung von Reparatur führt.

„Repair-Cafés schaden den Betrieben, die sich darauf spezialisiert haben und damit ihr Geld verdienen. Sie stehlen ihnen das Geschäft.“ – Das und ähnliche Argumente hat RepaNet immer wieder gehört – und auch die Initiativen selbst, die so wichtige, unbezahlte Arbeit leisten, mussten sich gegen diese Vorwürfe wehren. Obwohl nichts darauf hindeutete, dass die Behauptung stimmt. Nun ist es dank einer Studie des deutschen Umweltbundesamtes belegt: Es existieren keine Vorbehalte hinsichtlich einer Konkurrenzsituation zwischen Handwerk und Reparaturinitiativen. Im Gegenteil – beide Gruppen haben sogar mit den gleichen Themen zu kämpfen.

Anreize und Hemmnisse für Reparatur

Die Studie „Handwerk und Reparatur – ökonomische Bedeutung und Kooperationsmöglichkeiten mit Reparaturinitiativen“ untersucht anhand von Statistiken und qualitativ ausgewerteten Interviews die derzeitige Bedeutung des Reparierens in Handwerksbetrieben und Reparaturinitaitiven sowie die Motivation dafür. In Folge wird aufgezeigt, wie beide Seiten zusammenarbeiten können, um die Reparaturbewegung voranzubringen. Die Forschungsarbeit verfassten Kilian Bizer, Kaja Fredriksen, Till Proeger, Franziska Schade vom Volkswirtschaftlichen Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen (ifh Göttingen) im Auftrag des deutschen Umweltbundesamtes im Rahmen des Ressortforschungsplan-Vorhabens des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit „Politiken zur Weiterentwicklung des Deutschen Ressourceneffizienzprogramms“.

Die in der Studie Befragten äußerten keine Vorbehalte hinsichtlich einer Konkurrenzsituation zwischen Handwerk und Reparaturinitiativen. In beiden Gruppierungen wurden Anreize bzw. Hemmnisse der Reparatur dargelegt. Während bei Betrieben natürlich auch die Erwirtschaftung von Umsatz im Vordergrund steht und die Initiativen ehrenamtlich motiviert sind, so sind doch insgesamt sehr viele Überschneidungen in beiden Gruppen vorhanden.

Sie haben mit den gleichen Problemen zu kämpfen: Während Produktionsfirmen ihre lizenzierten Reparaturbetriebe als Vertragspartner haben, fehlt den ehrenamtlichen Initiativen sowie auch den meisten gewerblichen Reparaturbetrieben oft der Zugang zu Ersatzteilen. Produkte sind allzu oft so designt, dass eine Reparatur erschwert oder gar unmöglich gemacht wird. Außerdem sind Produkte für immer kürzere Lebenszyklen gebaut, da die ProduzentInnen einen baldigen Neukauf wünschen, um konstanten Profit zu garantieren.

Gemeinsam für mehr Reparatur

Gemein ist beiden Gruppen eine Förderung von Reparatur im Allgemeinen und das Engagement für einen nachhaltigen Umgang mit unseren Dingen. Oft engagieren sich professionelle Reparaturanbieter nach einem Arbeitstag noch ehrenamtlich in Repair-Cafés, an manchen Orten gibt es lokale Kooperationen in der Form, dass aufwändige Reparaturen oder solche, die noch der Garantie unterliegen, direkt an die Fachbetriebe weitergeleitet werden und umgekehrt wirtschaftlich nicht lohnende Reparaturfälle mit guter Empfehlung ans Reparatur-Café verwiesen werden. Man steht sich also nicht gegenseitig im Weg – ganz im Gegenteil.

Auch Informationsdefizite spielen gemäß der Studie eine Rolle dafür, dass gar nicht erst repariert wird. Indem Reparaturwissen zwischen Fachbetrieben und ehrenamtlichen Reparaturinitiativen geteilt und online digital zur Verfügung gestellt wird, aber auch durch lokale Kooperationen und Vernetzung, gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit sowie das kontinuierliche Erfassen von Reparaturdaten kann Abhilfe geschaffen werden und eine Stärkung und bessere Bewusstmachung des Reparierens erfolgen. So können BürgerInnen insgesamt zu mehr Reparaturen bewegt werden.

Die Studie schließt mit Handlungsempfehlungen, die auf eine stärkere Annäherung von Handwerkskammern, Fachverbänden und Reparaturinitativen abzielen, bei gleichzeitiger Anerkennung und Wertschätzung der unterschiedlichen Hintergründe. Mit dieser Studie haben Reparaturinitiativen einen Pool an Gründen und Argumenten in der Hand, die dabei unterstützen, mit lokalen Handwerksbetrieben oder Innungen den Dialog zu suchen und Möglichkeiten des Austauschs auszuloten.

Mehr Infos …

Download-pdf der Studie in der RepaThek

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

RepaNews: 26. September: Die Welt der Reparatur: Leopold Kohr Summer School

RepaNews: Fünftes Treffen der Reparaturinitiativen in Villach

RepaNews: Ausbau von Repair-Cafés und Re-Use-Netzwerk in Vorarlberg